Montag, 19. Dezember 2016

Neue Richtlinien zur Sexualerziehung: Gender in Bayerns Schulen eingeführt

Bekanntlich laufen Bayerns Uhren langsamer, so langsam aber nicht. Foto: David Kostner Wikimedia Commons Lizenz CC BY-SA 2.0
Mathias von Gersdorff

Am 15. Dezember 2016 traten in Bayern die neuen „Richtlinien für die Familien- und Sexualerziehung in den bayerischen Schulen“ in Kraft.

Im Vorfeld hatte es teils heftige Diskussionen gegeben. Eltern und Familienorganisationen fürchteten, dass die Gender-Ideologie ähnlich wie neuerdings in Hessen substanzieller Bestandteil der Sexualerziehung in Bayern werden könnte. Es wurden Straßenproteste angekündigt, es gab Gespräche zwischen Kultusminister Ludwig Spaenle und der „Demo für alle“ und auch hinter den Kulissen setzen sich viele dafür ein, um das Schlimmste zu verhindern.

In der Tat gehen die nun beschlossenen Richtlinien nicht so weit, wie ein entsprechender Entwurf aus dem Frühjahr dieses Jahres.

Zufrieden kann man aber keineswegs sein: Die neuen Richtlinien sehen ausdrücklich vor, dass die „Vielfalt der Lebensformen“ abzulehnende Rollenbilder und Geschlechtsidentitäten thematisiert werden, darunter Hetero-, Homo-, Bi-, Trans- und Intersexualität. 

An manchen Stellen gehen die beschlossenen Richtlinien sogar weiter als der Entwurf. Unterschiedliche Lebensformen und sexuelle Orientierung, die im Entwurf lediglich genannt wurden, werden im Kapitel "Geschlechterrolle und Geschlechtsidentität" ausdrücklich als Unterrichtszielen der einzelnen Jahrgangsstufen erwähnt. 

Die zuständigen Politiker der CSU waren allerdings klug genug, um ein radikales Gender-Lehrprogramm, wie er jüngst für Hessens Schulen verabschiedet wurde, zu vermeiden. Insbesondere werden die umstrittenen Inhalte in Bayern in späteren Jahrgängen behandelt als in Hessen.

So sollen erst in der 7. und 8. Klasse unterschiedliche sexuelle Orientierungen thematisiert werden. In der 9. Klasse sollen die Schüler lernen, Rollenklischees abzulehnen.

Allein anhand dieser Themensetzung lässt sich aber die gesamte Gender-Ideologie im Schulunterricht behandeln. Am Ende wird es von den jeweiligen Schulleitern und Lehrern abhängen, wie viel „Gender“ tatsächlich im Unterricht vorkommt. 

Immer wieder wird das „Erziehungsrecht der Eltern“ in den Richtlinien betont. Laut dem neuen Erlass soll aber Sexualerziehung fächerübergreifend und verbindlich stattfinden. Eltern haben de facto kaum eine Möglichkeit, realen Einfluss auf den Schulunterricht auszuüben. Schon heute ist Bayern das Bundesland, das am schärfsten die Schulpflicht durchsetzt, auch bezüglich der Sexualerziehung. Regelmäßig kommt es zu Konfrontationen zwischen Eltern und Regierung. 

Manche LSBTIQ-Gruppen protestierten reflexartig gegen die Richtlinien, denn sie enthielten keine Forderung nach „Akzeptanz sexueller Vielfalt“ wie in Hessen. Doch damit war ohnehin nicht mehr zu rechnen. Die CSU will auf jeden Fall Proteste wie die in Baden-Württemberg oder Hessen vermeiden.

Diese wären aber durchaus angebracht: Seit dem 15. Dezember 2016 ist nämlich Gender Teil der schulischen Erziehung in Bayern.

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